Die Dorfkirche Bliesendorf
Bliesendorfer Dorfstr. 18 14542 Werder/Havel
Der
kleine Ort Bliesendorf liegt auf einer Hochfläche südlich der Havel. Dieses als "Glindower Plateau“ bezeichnete Gebiet erstreckt sich auf einer Länge von ca.
18 km und einer Breite von 6 km von Schenkenberg über Bochow und Bliesendorf
bis kurz vor Ferch, das beim Rückgang des Eises der jüngsten Eiszeit vor ca.
1,5 Millionen Jahren entstanden ist. Da in früher Zeit in der Regel eine
Besiedlung an den Ufern der zahlreichen Seen und Wasserläufe erfolgte, kann man
wohl davon ausgehen, dass Ansiedlungen hier erst sehr spät erfolgt sind und
dass diese auch nie viele Bewohner aufzuweisen hatten.
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Erstmalig
wird Bliesendorf in einer Urkunde von 1236 genannt. In dieser ist ein Wilhelmus
de Blisendorp als Zeuge aufgeführt. Unklar ist die Entstehung und Bedeutung des
Namens. Wenn man von der ersten urkundlichen Erwähnung ausgeht, dann könnte er
vielleicht slawischen Ursprungs sein: „Bliza“ – „die Nähe“. Volkstümlich
dagegen ist folgende Deutung des Namens: Bewohner des zum Kaniner Luch hin
gelegenen Ortes Lütkendorf haben ihr Dorf aufgegeben und beim Rasten an dieser
Stelle gesagt: „Hi bliewen wer“, woraus dann der Ortsname Bliesendorf
entstanden sei. Hierzu ist aber anzumerken, dass 1450 „Litzkendorf“ noch als
Ort erwähnt wird und erst danach eine „wüste Feldmark“ geworden ist. Sicher
mögen ehemalige Lütkendorfer in Bliesendorf neue Wohnstätten gefunden haben.
1335 belehnt Markgraf Ludwig die Brüder Wichard, Beteke und Hans von Rochow u.
a. mit dem Ort, der als „das Dorf zu Blisindorp“ in der Urkunde benannt ist. Ab
1540 amtierte der erste evangelische Pfarrer. Jedoch über eine damals
vorhandene Kirche gibt es keine Aufzeichnungen. Erst 1727 wird in einer
Inschrift, die sich am Aufgang zur Empore befindet, die Einweihung eines
Kirchenbaues angezeigt.
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HOC TEMPLUM
AEDIFICATUM
EST ANNO MDCCXXVII : REGMANTE
FREDERICO WILHELMO REGE
BORUSSIAE PATRON : HANS WILL
HELM DE ROCHO
CONSILIA
REGIUS PROVINCIALIS
BOTHO WOLKE DE
HAKE
CENTURIO REGIUS
PASTOR TOBIAS MUND
CREUTZWITZIO BRANDENBUR
GENSIS In
der Kirche vorhandene Tafel mit der Inschrift zum Kirchenbau von 1727.
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1584
wurde das Dorf aufgeteilt. Die Rochows behielten Gut, Patronat und einige
Einkünfte. Ein kleiner Anteil wurde dem von Görne zugesprochen und einen
größeren Anteil übernahm von 1604 an der von Hake auf Groß Kreutz. 1840 ging
dieser an die Kaehnes, die seit alters her als Schulzen-Familie auf Petzow
saßen. 1847
erfolgte ein Umbau der Kirche und der Neubau eines Kirchturms. Der baufällig
gewordene Fachwerkturm, der auf der Kirche stand und etwa denen in Ferch und
Kanin ähnlich war, musste abgetragen werden und vor dem neu erbauten Westgiebel
wurde in einem Quadrat von 4 mal 4 Metern ein neuromanischer Ziegelsteinturm
errichtet, in dem 2 Glocken aufgehängt und eine Turmuhr angebracht wurden. TOBIAS MUND
CREUTZWITZIO BRANDENBURGENSIS PASTOR IN
BLIESENDORF PETER RIETZ
SCHULTZE ANDREAS BOLDEKE
UND ANDREAS BEREND
KIRCHENVORSTEHER ANNO
1716 PIERRE CAILLIET ET
HENRI ROLLET FECIT
A BERLIN Inschrift
der erhaltenen Glocke. Von
der alten aus rohen Feldsteinen bestehenden Kirche blieben nur Bruchstücke der
Seitenwände und der barocke Dachstuhl erhalten, der um 3 Fuß (ca. 1 Meter)
erhöht wurde. Entstand unter Einbeziehung des Raumes unter dem ehemaligen
Glockenturm eine schlichte Saalkirche mit je drei großen Rundbogenfenstern auf
der Nord- und Südseite. Im Inneren wurde eine Empore eingebaut. Diese und das
Gestühl sind aus der Erbauungszeit noch enthalten. Durch den Einbau der Empore
wurde es auch möglich, 1854 eine Orgel der Firma Gesell & Schultze aus
Potsdam aufzustellen, die 2001 von der Orgelbaufirma Matthias Schuke
restauriert wurde. 1956
ist bei einer notwendigen Renovierung der Kirche der Altarraum neu gestaltet
worden. Die überalterte Ausstattung wurde durch eine schlichte Einrichtung
ersetzt. Blickfang ist jetzt ein hölzernes Kreuz an der die Kirche abschließenden
Ostwand, vor der ein einfacher Altartisch aus Klinkersteinen mit einer starken
Holzplatte steht. Aus dem gleichen Material sind auch Kanzel und Taufe. Der
Fußboden besteht zum großen Teil aus alten Ziegelsteinen, die in den nahe gelegenen
Ziegeleien von Werder und Glindow gebrannt worden sind. Von
1993-96 wurden umfangreiche Sanierungsarbeiten am Mauerwerk und im
Balkenbereich von Decke und Dachstuhl der Kirche durchgeführt und die erste
Ausmalung von 1847 rekonstruiert. Gleichzeitig konnte auch die eingefallene
Friedhofsmauer wiederhergestellt werden. 1997
erfolgte 150 Jahre nach seiner Errichtung die Sanierung des Kirchturms, der
sehr baufällig geworden war. Die Arbeiten konnten aus Mitteln der Landeskirche,
des Landes Brandenburg und der Kirchengemeinde finanziert werden.
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Zur
Pfarrstelle Bliesendorf zählten im Jahr der Errichtung des Kirchturms:
Bliesendorf mit den Vorwerken Cammerode und Resau, Ferch mit den Colonien Neue
Scheune, Junkers-Häuser, Mittelbusch und Chemnitzer Heide, Canin mit Claistow
und Busendorf und dem Jägerhaus Möllendorf. In diesem Jahrhundert kamen die
Siedlung Elisabethhöhe und die Orte Fichtenwalde und Borkwalde hinzu. Die
Kirchengemeinde Borkwalde ist jetzt in Borkheide eingemeindet. 1912
wurde das alte Pfarrhaus abgetragen und ein noch heute bestehendes neu erbaut.
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Darüber hinaus verfügt die Gemeinde noch über eine Schule. 1716 verstarb der
erste Lehrer und Küster. Das erste eigentliche Schulhaus, ein Fachwerkbau mit
Rohrdach, wurde 1800 erbaut. Es enthielt nur einen Klassenraum und eine
bescheidene Lehrerwohnung. 1905 wurde eine neue Schule aus Ziegelsteinen
gebaut. 1927 entstand in Glindow die Siedlung Elisabethhöhe, die aber kirchlich
von Bliesendorf versorgt wird. Damals wurde der bestehende Küster-Schulverband
aufgelöst. Kammerode kam nach Ferch. Bliesendorf bildete mit Resau und
Elisabethhöhe einen neuen Küster-Schulverband. Am Ortsrand von Bliesendorf
wurde in der Siedlung eine neue Schule errichtet. Die alte Dorfschule konnte
1997 durch die Ortsgemeinde zu einem kommunalen Zentrum umgestaltet werden.
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